16.02.2024

Kenntnisnahmepflicht bzgl. Weisungen des Arbeitgebers während der Freizeit?

von Dr. Frank Maier

Ist dem Arbeitgeber aufgrund der betrieblichen Regelungen bekannt, dass der Arbeitgeber die Arbeitsleistung für den darauffolgenden Tag nach Ort und Uhrzeit konkretisieren kann, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, solche Weisungen (z.B. per SMS) auch in seiner Freizeit zur Kenntnis zu nehmen. Diese Kenntnisnahme stellt keine Arbeitszeit dar.

BAG vom 23.08.2023 – 5 AZR 349/22

Sachverhalt:

Der Kläger ist Rettungssanitäter. Die betrieblichen Regelungen zur Dienstplaneinteilung sehen unkonkrete Springerdienste vor, die kurzfristig konkretisiert werden können (für Tag- und Spätdienste bis 20.00 Uhr des Vortages). Ist dies nicht der Fall, beginnt der Dienst um 07.30 Uhr.

Die Beklagte konkretisierte einen solchen Springerdienst für den Kläger (Arbeitsbeginn 06.00 Uhr) am Vortag. Da der Kläger am Vortag frei hatte und telefonisch nicht erreichbar war, sandte die Beklagte eine SMS.

Der Kläger trat seine Arbeit am Einsatztag erst um 07.30 Uhr an und wurde daher nicht mehr eingesetzt. Daraufhin verbuchte die Beklagte Minusstunden für den Kläger und erteilte eine Abmahnung. Der Kläger begehrte die Wiedergutschrift der Minusstunden und die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.

 

Entscheidung:

Das BAG gab der Beklagten recht.

Der Kläger habe die betrieblichen Regelungen der Beklagten missachtet und die Arbeitsleistung nicht wie erforderlich um 06.30 Uhr erbracht. Die erfolgte Weisung sei gemäß § 106 Satz 1 GewO wirksam.

Der Kläger habe die Pflicht gehabt, die SMS zur Kenntnis zu nehmen. Dies sei eine vertragliche Nebenpflicht gemäß § 241 Absatz 2 BGB. Zwar müsse der Kläger in seiner Freizeit nicht ununterbrochen erreichbar sein. Aber die Weisung habe er lediglich zur Kenntnis nehmen müssen. Dies sei keine Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinne. Seine Freizeitgestaltung sei dadurch nicht beeinträchtigt.

 

Fazit:

Arbeitnehmer sind oftmals der irrigen Ansicht, dass sie in ihrer Freizeit keinerlei Mitteilungen des Arbeitgebers beachten müssen. Dies ist jedenfalls dann unzutreffend, wenn es hierfür betriebliche Regelungen zur Arbeitszeit bzw. dem Arbeitseinsatz gibt und es sich um – wie hier -geringfügige Beeinträchtigungen handelt, wie die einer bloßen Kenntnisnahme. Diese Pflicht zur Kenntnisnahme begründet insoweit keine Rufbereitschaft des Arbeitnehmers.

Allerdings sollten Arbeitgeber diese Entscheidung auch nicht zum Anlass nehmen, den Arbeitnehmern generell Weisungen während ihrer Freizeit zu erteilen. Denn dies ist weiterhin unzulässig.

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