13.05.2024

Pflichten des Architekten bei der Rechnungsprüfung

von Peter Fath

1. Den mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten trifft die Pflicht, Abschlags- und Schlussrechnungen von Bauunternehmern daraufhin zu überprüfen, ob sie fachtechnisch und rechnerisch richtig sind, ob die zugrunde gelegten Leistungen erbracht sind und ob sie den vertraglichen Vereinbarungen entsprechen. Die Beantwortung von komplizierten Rechtsfragen im Hinblick auf die Vergütung, etwa bei § 2 Abs. 3 oder § 2 Abs. 8 VOB/B, gehört nicht zu seinen Pflichten.

 

2. In der Rechnungsprüfung des Architekten ist kein nachträgliches Anerkenntnis nach § 2 Abs. 8 Nr. 2 Satz 1 VOB/B zu sehen.

OLG Köln, Urt. v. 16.04.2021 – 19 U 56/20; rechtskräftig durch BGH, Beschl. v. 15.03.2023 – VII ZR 449/21.

 

Die Auftraggeberin nahm in vorgenanntem Verfahren das ausführende Unternehmen sowie drei Architekten in Anspruch. Von dem ausführenden Unternehmen verlangte die Auftraggeberin Erstattung von ihrer Ansicht nach zu viel geleisteten Abschlagszahlungen, die im Rahmen eines VOB/B-Bauvertrages über die Errichtung eines Helikopterdachlandeplatzes auf dem Dach erbracht worden sind. Von den Architekten fordert sie diesbezüglich Schadensersatz.

 

Die Auftraggeberin bestritt seitens des ausführenden Unternehmens berechnete Mengenmehrungen und vertrat die Ansicht, dass eine Anpassung der Einheitspreise auf Basis der Urkalkulation nach § 2 Abs. 3 VOB/B hätte erfolgen müssen. Insbesondere wäre das ausführende Unternehmen von der Planung abgewichen und hätte eine massenaufwendigere Ausführung vorgenommen, wodurch sich jedoch der Arbeitsaufwand verringert hätte.

 

Die Architekten waren im Rahmen der Bauüberwachung und somit auch der Rechnungsprüfung tätig. Diese vertreten die Ansicht, dass die Prüfung der Rechnung ordnungsgemäß erfolgt sei, insbesondere seien diese nicht verpflichtet gewesen eine Neuberechnung der Einheitspreise nach § 2 Abs. 3 VOB/B der Prüfung zugrunde zu legen.

 

Durch Urteil des LG wurde das ausführende Unternehmen zur Rückzahlung verurteilt, die gegen die Architekten gerichtete Klage wurde mangels Anspruchs gegen diese abgewiesen.

 

Eines der Kernthemen der Entscheidung des OLG Köln war hierbei die Frage, ob die seitens der Architekten erfolgte Rechnungsprüfung fehlerhaft war.

 

Das OLG Köln vertritt in diesem Zusammenhang die wohl zutreffende Ansicht, dass die Auftraggeberin im Falle der Behauptung einer fehlerhaften Rechnungsprüfung konkret zu etwaigen Fehlern der Rechnungsprüfung vortragen muss. Der pauschale Verweis auf eine fehlerhafte Prüfung von Rechnungen reicht hierfür nicht aus; auch indiziert eine Überzahlung im Rahmen einer geprüften Schlussrechnung nicht einen Sorgfaltspflichtverstoß im Rahmen der Prüfung von Abschlagsrechnungen. Es muss daher dargelegt werden, was konkret die Architekten hätten beanstanden sollen.

 

Die für etwaige Mängel bei der Rechnungsprüfung traf vorliegend die Auftraggeberin. Die Zuweisung der Darlegungslast für etwaige Mängel der Rechnungsprüfung durch den Architekten richtet sich nach den allgemeinen Regeln, so dass grundsätzlich der Architekt bis zur Abnahme die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung und ab der Abnahme der Bauherr deren etwaige Fehler darzulegen hat. Dies bezieht sich jedoch auf Primärleistungsansprüche, also die Klage des Architekten bzw. die Erfüllungs-/ Nacherfüllungsklage des Auftraggebers. Ist ein Übergang ins Abrechnungsverhältnis erfolgt, wie vorliegend da ausschließlich um Schadensersatz gestritten wird, handelt es sich bei der Mangelfrage um eine tatbestandliche Voraussetzung des Gewährleistungs-/Schadensersatzanspruchs des Bestellers, weshalb dieser nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastet ist.

 

Dieser Darlegungslast ist die Auftraggeberin im vorliegenden Fall nicht nachgekommen, sodass auch die diesbezügliche Berufung scheiterte.

 

Darüber hinaus führt das OLG jedoch auch aus, dass der Architekt im Rahmen der Rechnungsprüfung keine Pflicht zur Abgrenzung einer Mengenabweichung nach § 2 Abs. 3 VOB/B und einer Ausführungsabweichung nach § 2 Abs. 8 VOB/B trifft. Den mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten trifft die Pflicht, Abschlagsrechnungen von Bauunternehmern daraufhin zu überprüfen, ob sie fachtechnisch und rechnerisch richtig, ob die zugrunde gelegten Leistungen erbracht sind und ob sie der vertraglichen Vereinbarung entsprechen. Die Frage der vorgenannten Abgrenzung von § 2 Abs. 3 und § 2 Abs. 8 VOB/B stellt jedoch eine Rechtsfrage dar, welche nicht seitens des Architekten zu beantworten ist. Es würde die Anforderungen an das Maß der im Rahmen eines Architektenvertrages bei der Abschlagsrechnungsprüfung nach § 276 BGB anzuwendenden Sorgfalt erheblich überspannen, wollte man dem Architekten einen Sorgfaltspflichtverstoß vorwerfen, wenn er in einer komplexeren Konstellation wie der vorliegenden eine der vorstehend dargestellten Rechtsfragen unzureichend erfasst und/oder unrichtig beantwortet.

 

 

Das Urteil des OLG Köln zeigt, dass das Vorliegen einer Überzahlung im Rahmen einer Schlussrechnungsprüfung nicht eine fehlerhafte Prüfung einer Abschlagsrechnung durch den Architekten indiziert. Insbesondere kann sich eine Überzahlung auch aus Umständen ergeben, welche der Architekt im Rahmen der Rechnungsprüfung nicht zu überprüfen hatte.

 

Sofern Pflichtverletzungen seitens eines Architekten im Rahmen der Rechnungsprüfung vorliegen, ist die pauschale Behauptung von Fehlern im Rahmen der Rechnungsprüfung – zumindest, wenn nur noch um Schadensersatz gestritten wird – nicht ausreichend. Es bedarf vielmehr einer konkreten Darlegung konkreter Fehler, um einen Schadensersatzanspruch durchsetzen zu können.

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