11.10.2023

Fristsetzung zur Mängelbeseitigung trotz Mängeln am Vorgewerk wirksam

von Peter Fath

Muss im Rahmen der Beseitigung eines Mangels auch das mit einem eigenständigen Mangel behaftete Vorgewerk instandgesetzt werden, ist die Instandsetzung des Vorgewerks Sache des Auftraggebers.

Ist eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Auftraggebers zur Mängelbeseitigung diesem nicht bekannt, ist eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung ohne Angebot der Mitwirkungshandlung nur unwirksam, wenn der Auftragnehmer den Auftraggeber auf die erforderliche Mitwirkung konkret hinweist.

OLG Köln, Urteil vom 08.02.2023 – 11 U 252/21

 

Die Beklagte hatte der Insolvenzschuldnerin den Auftrag zur Errichtung eines öffentlichen Spielplatzes erteilt. Während der Bauarbeiten wurden Mängel am Gewerk der Insolvenzschuldnerin sowie am Vorgewerk eines Drittunternehmens, nämlich der vorhandenen Unterkonstruktion, festgestellt. Die Beklagte setzte der Insolvenzschuldnerin eine Frist zur Mängelbeseitigung. Der Kläger erhob als Insolvenzverwalter der Insolvenzschuldnerin Klage auf Zahlung von Restwerklohn. Die Beklagte machte zunächst ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund der Mängel geltend, beseitigte die Mängel während des Rechtsstreits und stellte die Kosten der Ersatzvornahme zur Aufrechnung.

Das LG Köln wies die Klage mit der Begründung ab, der Kläger habe zwar einen fälligen Anspruch auf Werklohn, dieser sei jedoch durch die erklärte Aufrechnung erloschen.

Die Berufung des Klägers blieb erfolglos.

 

Kernthema der Entscheidung des OLG Köln war die Frage, ob die von der Beklagten gesetzte Frist zur Mängelbeseitigung wirksam war. Hierbei war zu berücksichtigen, dass Mängel am Vorgewerk, auf welchem die Insolvenzschuldnerin aufzubauen hatte, vorlagen. Die Insolvenzschuldnerin konnte das von ihr geschuldete Werk nur dann mangelfrei erstellen, wenn auch die am Vorgewerk bestehenden Mängel beseitigt worden wären.

Das OLG Köln führte hierzu zutreffend aus, dass der Unternehmer seine Vertragspflicht, ein funktionstaugliches Werk zu errichten, regelmäßig nur dann erfüllen kann, wenn der Besteller ihm ein geeignetes Vorgewerk zur Verfügung stellt. Der Besteller hat demnach aufgrund der ihm obliegenden Mitwirkung dafür Sorge zu tragen, dass ein bestehendes ungeeignetes Vorgewerk so verändert wird, dass der Unternehmer in der Lage ist, sein Werk vertragsgerecht herzustellen.

Die Mängelbeseitigung ist dem Unternehmer erst möglich, wenn die Vorleistung durch den Besteller instandgesetzt wurde. Unterlässt der Besteller dies oder bietet er die Instandsetzung nicht wenigstens an, ist die Aufforderung zur Mängelbeseitigung wirkungslos. Sofern der Besteller sich endgültig entschließt, die Vorleistung nicht instandzusetzen, wird dem Unternehmer die Nacherfüllung sogar unmöglich.

Eine wirkungslose Fristsetzung und somit eine Unwirksamkeit von dieser kommt jedoch nur in Betracht, wenn die erforderliche Mitwirkungshandlung des Bestellers für diesen erkennbar ist oder vom Unternehmer zu Recht verlangt wird.

Für die Beklagte war es bis zum Ablauf der gesetzten Frist zur Nacherfüllung nicht erkennbar, dass eine Mitwirkungshandlung notwendig war. Eine Pflicht zur Prüfung des Mangels bestand nicht, sodass ihr das Erfordernis der Mitwirkungshandlung nicht bekannt war, da dieses erst im Rahmen einer konkreten Prüfung, welche jedoch gerade dem Unternehmer und nicht dem Besteller obliegt, erkennbar wurde.

Nach der Symptomtheorie muss der Besteller nicht die Ursachen des Mangelsymptoms ergründen. Es ist viel mehr Sache des Unternehmers, im Rahmen der Nacherfüllung die Ursache des Mangels festzustellen und zu prüfen und zu entscheiden, wie ein Mangel zu beseitigen ist. Es ist in diesem Zusammenhang auch Sache des Unternehmers, den Besteller auf Fehler in der Planung oder mangelhafte Vorgewerke hinzuweisen und den Besteller zur Mitwirkung aufzufordern, mithin seinen Prüf- und Hinweispflichten nachzukommen.

Daher war die seitens der Beklagten gesetzte Frist zur Mängelbeseitigung trotz zum Zeitpunkt der Fristsetzung bestehender Mängel am Vorgewerk wirksam.

 

Fazit

Das Urteil des OLG Köln bestätigt, dass eine wirksame Fristsetzung zur Mängelbeseitigung trotz Mängeln am Vorgewerk möglich sein kann. Die Wirksamkeit der Fristsetzung hängt letztlich davon ab, ob der Besteller Vorleistungen erbracht hat und ob eine notwendige Mitwirkungshandlung für den Besteller erkennbar erforderlich ist oder vom Unternehmer verlangt werden kann. Es ist Sache des Unternehmers im Rahmen der Prüfung der Mängelrüge, den Auftraggeber auf fehlende und/oder mangelhafte Vorleistungen hinzuweisen; eine Erfüllung der Prüf- und Hinweispflichten innerhalb der gesetzten Nacherfüllungsfrist kann zu einer Unwirksamkeit der Fristsetzung führen.

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