Leitsätze:
1. Im Rahmen der Selbstvornahme hat der Unternehmer dem Besteller alle tatsächlichen objektiv erforderlichen Aufwendungen zu erstatten. Zu diesen Aufwendungen gehören die Kosten aller im Zusammenhang mit der Mängelbeseitigung stehenden Arbeiten und Maßnahmen.
2. Hingegen sind die Kosten für die Einholung eines außergerichtlichen Sachverständigengutachtens nur dann erstattungsfähig, wenn die Beauftragung des Sachverständigen erforderlich war.
3. Die Kosten für eine verspätete Bezugsfertigkeit des Objektes fallen nicht unter die Selbstvornahmekosten und sind dann vom Unternehmer zu erstatten, wenn diesen ein Verschulden trifft.
OLG Brandenburg vom 19.12.2024 – Az. 10 U 136/23
Sachverhalt:
Die Kläger nahmen den Unternehmer auf Schadensersatz wegen einer mangelhaften Verlegung eines Holzdielenfußbodens im Erd- und Obergeschoss ihres Hauses in Anspruch.
Der Unternehmer führte die beauftragten Arbeiten aus. Nachdem die Kläger Verformungen und Ablösungen der Dielen im Erd- und Obergeschoss wahrgenommen hatten, beauftragten sie zunächst privat einen Sachverständigen mit der Begutachtung der Mängel. Dieser erstellte ein Gutachten und bejahte die Mangelhaftigkeit.
Die Kläger setzten daraufhin dem Unternehmer eine Frist zur Mangelbeseitigung. Der Unternehmer lehnte eine Mangelbeseitigung ab, da er die Arbeiten fachgerecht ausgeführt habe, jedoch nicht darüber aufgeklärt worden sei, dass in den Heizestrich der Zuschlagstoff Retanol eingebracht worden sei. Maßgeblich sei die Verformung der Dielen darauf zurückzuführen, dass Feuchtigkeit aus der Betonplatte ausgetreten sei und es u.a. aufgrund der verwendeten Trocknungsgeräte zu einem Nachfeuchten gekommen sei, sodass eine Verbindung des Klebers mit dem Untergrund verhindert bzw. eine bestehende Verbindung wieder gelöst worden wäre.
Die Kläger beantragten sodann eine Begutachtung der Mängel im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens beim Landgericht.
Nachdem das gerichtliche Gutachten vorlag, machten die Kläger im Klageverfahren geltend, dass der Unternehmer die Arbeiten mangelhaft ausgeführt habe, die Dielen seien nur unzureichend mit dem Untergrund verbunden, was an der fehlerhaften Verlegung unter Verwendung eines ungeeigneten Grundierungsmittels sowie einer zu geringen Klebstoffmenge und einem fehlerhaft ausgewählten Klebstoff gelegen habe.
Das Landgericht entschied durch Grundurteil, dass die Kläger Anspruch auf Erstattung der Selbstvornahmekosten hinsichtlich der bereits beseitigten Mängel im Erdgeschoss und der damit verbundenen weiteren Schäden dem Grunde nach aus §§ 631, 637 Abs. 1, 634 Nr. 2 BGB (Kosten Sachverständiger, Kosten für die Auslagerung der Küche, Malerarbeiten) haben. Der weitergehende Schaden der verspäteten Bezugsfertigkeit sei den Klägern dem Grunde nach gemäß §§ 631, 280, 281 BGB zu ersetzen.
Dagegen legte der Unternehmer Berufung zum OLG ein und trug vor, dass das Grundurteil rechtsfehlerhaft sei. Die Mängel beruhten auf mehreren Ursachen, die teils in den Verantwortungsbereich der Kläger, teils in den Verantwortungsbereich des Unternehmers fielen. Zudem sei ein Mitverschulden der Kläger zu berücksichtigen gewesen, weil diese sich keines bauüberwachenden Architekten bedient hätten. Der Bauherr habe zudem Sorge für eine ausreichende Beheizung und Raumbelüftung zu tragen.
Entscheidung:
Das OLG gab der Berufung statt und wies den Rechtsstreit an das Landgericht zurück, da das Grundurteil rechtsfehlerhaft ergangen sei.
Zum Grundurteil führte das OLG aus, dass hinsichtlich eines Gesamtanspruchs, der sich aus mehreren selbstständigen Einzelpositionen zusammensetzt, nach der Rechtsprechung des BGH ein Grundurteil nur ergehen kann, wenn der geltend gemachte Gesamtanspruch auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund beruht und das Gericht diesen festgestellt hat. Das habe das Landgericht verkannt.
In der Sache stellte das OLG allerdings klar, dass es sich bei den Kosten für die Neuverlegung des Fußbodens, die Auslagerung der Küche und die Malerarbeiten um Selbstvornahmekosten handelt, die grundsätzlich zu erstatten sind. Erstattungsfähig seien insofern alle tatsächlichen Aufwendungen im Rahmen der Selbstvornahme, wenn sie objektiv erforderlich waren. Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer, die der Besteller zur Beseitigung des Mangels erbringt. Dazu gehören die Kosten aller mit der Mängelbehebung in Zusammenhang stehenden Arbeiten und Maßnahmen, wie vorliegend die Auslagerung der Küche sowie die Malerarbeiten.
Die Kosten für ein vorgerichtliches Sachverständigengutachten sind dagegen nur dann ersatzfähiger Schaden, wenn die Beauftragung des vorgerichtlichen Gutachters erforderlich war. Es handelt sich um einen Schadensersatz neben der Leistung gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB, weil er nicht der Nachbesserung zugänglich ist.
Ein durch die verspätete Bezugsfertigkeit entstandener Schaden falle jedoch nicht unter die Selbstvornahmekosten. Er wurzelt zwar, genau wie der Selbstvornahmeanspruch, in demselben rechtlichen Verhältnis, nämlich dem Bauvertrag, es handele sich aber um einen rechtlich selbstständigen Anspruch, der andere Tatbestandsvoraussetzungen hat als der Anspruch auf Selbstvornahme, denn er setzt Verschulden des Unternehmers voraus (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Dazu habe das Landgericht keine Feststellungen getroffen und daher sei das Grundurteil fehlerhaft. Zwar werde das Verschulden grundsätzlich vermutet, vorliegend habe der Unternehmer jedoch umfangreiche Ausführungen dazu gemacht, dass er den Mangel nicht zu vertreten habe.
Auch die Erörterung eines etwaigen Mitverschuldens der Kläger fehle, obwohl der Unternehmer vorliegend umfangreiche Ausführungen dazu machte, dass sich die Kläger ein erhebliches Mitverschulden, § 645, 254 BGB, zurechnen lassen müssten, entweder für das eigene Versäumnis, einen bauleitenden Architekten zu bestellen, die nicht ausreichende Heizung während der Trocknungsphase und die fehlerhafte Abdichtung der Bodenplatte gegen Bodenfeuchte, oder für fremdes Verschulden, vorliegend die Versäumnisse des Estrichlegers.
Vor diesem Hintergrund hielt das OLG eine eigene Sachentscheidung nach § 538 Abs. 1 ZPO für nicht sachgerecht, sondern eine Zurückverweisung der Sache an das Landgericht für geboten.