a) Der Anspruch auf Ersatz des infolge Verzugs eingetretenen Schadens unterliegt der regelmäßigen Verjährung.
b) Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs wegen Verzugs erfasst auch nachträglich eintretende Schadensfolgen, die im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs als möglich voraussehbar waren.
BGH, Urteil vom 19.05.2022 – VII ZR 149/21
Der Auftraggeber (AG) beauftragte den Auftragnehmer (AN) mit der Errichtung eines Einfamilienhauses. Die Parteien vereinbarten die Fertigstellung Ende August 2008. Für die schuldhafte Überschreitung des Fertigstellungstermins war eine Vertragsstrafe von 45 Euro pro Tag, maximal 5 % des Pauschalpreises, vereinbart. Während der Bauausführung kam es zum Streit über die Mangelfreiheit der Leistung. Der AG zahlte keine Abschläge mehr und der AN stellte die Leistungen ein. Der AG forderte den AN erfolglos zur Fertigstellung der Leistungen bis zum 05.09.2008 auf. Eine Klage des AN auf Abschlagszahlung wies das Gericht in 2013 aufgrund der vorhandenen Mängel rechtskräftig ab. Der AG trat daraufhin vom Vertrag zurück und ließ das Haus von einem Dritten fertigstellen. Einige Zeit nach dem Einzug erhob der AG Mitte 2017 Klage auf Erstattung des entstandenen Verzugsschadens u. a. in Form von Einlagerungskosten für die neue Küche, Mietkosten für die bisherige Wohnung und Nutzungsausfallschaden. Weiter macht der AG klageweise die vereinbarte Vertragsstrafe geltend.
Der BGH hat die Klage in letzter Instanz wegen Verjährung abgewiesen. Das überrascht auf den ersten Blick, weil die Einlagerungskosten für die Küche, die Mietkosten für die bisherige Wohnung und der Nutzungsausfallschaden bis zur Fertigstellung des Einfamilienhauses angefallen sind und der Verzugsschaden sich bis dahin fortentwickelt hat. Nach der Entscheidung des BGH gilt hier aber der Grundsatz der Schadenseinheit. Danach beginnt die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs einheitlich für den gesamten Schaden, sobald die erste Vermögenseinbuße eingetreten ist. Voraussetzung ist nur, dass mit den einzelnen Schadensfolgen beim Eintreten des erstens Schadens gerechnet werden kann. Das war bei den geltend gemachten Schadenspositionen der Fall. Es kommt nicht darauf an, wie lange sich der Schaden fortentwickelt bzw. wann die gesamte Schadenshöhe endgültig feststeht.
Der Vertragsstrafenanspruch war ebenfalls verjährt. Die Vertragsstrafe war auf 5 % des Pauschalpreises begrenzt. Das entsprach etwa 200 Kalendertagen, weshalb sie spätestens im Laufe des Jahres 2009 vollständig verwirkt war. Da der Vertragsstrafenanspruch unabhängig vom Erfüllungsanspruch des Auftraggebers verjährt, begann die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist am 01.01.2010 und endete mangels verjährungshemmender Maßnahmen am 31.12.2012.
Die Entscheidung ist für zwei bauvertragliche Konstellationen besonders relevant. Zum einen für Bauverträge mit einer Bauzeit von mehr als drei Jahren und zum anderen für Projekte, bei denen die Bauarbeiten beispielsweise wegen Mangelstreitigkeiten zum Stillstand kommen. In beiden Fällen ist dafür Sorge zu tragen, dass die Verjährung von Verzugs- und Vertragsstrafenansprüchen rechtzeitig gehemmt wird. Wenn der Auftragnehmer keine Verjährungseinredeverzichtserklärung abgibt, kommt die Erhebung einer Feststellungsklage in Betracht.