1. Ordnet der Auftraggeber beim Einheitspreisvertrag nachträglich den Wegfall einzelner Leistungen an und kommen diese Leistungen dann letztlich einvernehmlich nicht zur Ausführung, liegt keine Mengenminderung gemäß § 2 VOB/B vor. Für die „Nullpositionen“ kommt dann – soweit die Parteien nichts anders vereinbaren – nur eine Abrechnung nach § 8 VOB/B bzw. § 648 BGB (analog) in Betracht.
2. Eine AGB-Klausel, nach der die Vertragsstrafe für die Überschreitung der Fertigstellungsfrist auf 5 % der vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten Nettoauftragssumme begrenzt ist, beeinträchtigt beim Einheitspreisvertrag den Auftragnehmer nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
3. Dies gilt auch, wenn unklar ist, ob mit der Klausel auf die Nettoangebotssumme oder die Nettoschlussrechnungssumme Bezug genommen wird. Diese Unklarheit geht gem. § 305c Abs. 2 BGB bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders.
4. Eine AGB-Klausel, die als Sicherungsvereinbarung einen 5% – Einbehalt vorsieht, ohne den Zeitraum für den Einbehalt zu regeln, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen, weil der Auftraggeber die Bürgschaft dann nach seinem Belieben befristen kann.
OLG Hamm vom 05.07.2024 – 12 U 95/22
Sachverhalt:
Die Klägerin nimmt die Beklagte mit der Klage auf Zahlung restlichen Werklohns für die Herstellung und den Einbau von Fenstern bei einem Neubauvorhaben in Anspruch. Mit Schreiben vom 06.11.2018 erteilte die Beklagte der Klägerin den Auftrag.
In einem Verhandlungsprotokoll hatten die Parteien folgende Ausführungsfristen geregelt: „Werkplanung nach Auftragserteilung 3 KW Montagebeginn 2. KW 2019/Fertigstellung 7 KW“.
Das Verhandlungsprotokoll wurde nach dem Auftragsschreiben Vertragsgrundlage.
Weiter wurde in dem Auftragsschreiben für Einbehalte folgendes geregelt:
„Sie können Abschlagszahlungen nach Baufortschritt beanspruchen bis zu 90 % der Auftragssumme, weitere 5 % werden nach Abnahme bezahlt. Es wird ein Gewährleistungseinbehalt von 5 % der Auftragssumme vereinbart, der gegen Bankbürgschaft entsprechend der VOB/B abgelöst werden kann“
und eine Vertragsstrafe wie folgt vereinbart:
„Geraten Sie mit der Fertigstellung Ihrer Leistungen in Verzug, so sind Sie verpflichtet, uns für jeden Werktag des Verzugs eine Vertragsstrafe in Höhe von 0,2 % der Nettoauftragssumme zu zahlen, höchstens jedoch 5 % der Nettoauftragssumme.“
Nachträglich wurde von der Beklagten der Wegfall einzelner Leistungen aus dem Angebot der Klägerin angeordnet und von der Beklagten einvernehmlich akzeptiert. Am 17.07.2019 wurden die Bauleistungen technisch abgenommen.
Die Klägerin erstellte eine Schlussrechnung, die für die entfallenen Fensterelemente jeweils 50 % des ursprünglichen Auftragspreises auswies. Die Rechnung endete mit einer Nettoauftragssumme auf 361.827,77 EUR bzw. 430.575,05 EUR brutto. Unter Berücksichtigung der geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt unstreitig 368.214,29 EUR verblieb eine Restforderung von 62.360,76 EUR brutto.
Nach Prüfung ergab sich für die Beklagte eine Nettorechnungssumme von 360.020,66 EUR. Ferner wurden von der Nettosumme u.a. eine Vertragsstrafe in Höhe von 18.169,70 EUR abgezogen. Demzufolge leistete die Beklagte nur eine Teilzahlung auf die Schlussrechnung der Klägerin. Die Klägerin erhob daraufhin Klage zum Landgericht, welches der Klage nur teilweise stattgab. Die Klägerin ging deshalb in die Berufung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hatte teilweise Erfolg.
Für die Abrechnung solcher Nullpositionen kommt nur eine Abrechnung wie bei einer (Teil-) Kündigung nach § 8 VOB/B bzw. § 648 BGB in Betracht. Da die Nullpositionen vorliegend letztlich im Einvernehmen der Parteien nicht zur Ausführung gekommen sind, ist es nicht erheblich, ob eine Teilkündigung überhaupt zulässig war.
Die Entscheidung zeigt, dass es bei der Formulierung auch von üblichen vertraglichen Vereinbarungen in Bauverträgen regelmäßig auf Detailfragen ankommt, um deren Wirksamkeit zu beurteilen. Hätte die Vertragsstrafenklausel auf die „Abrechnungssumme in ihrer objektiv richtigen Höhe“ als Bezugsgröße abgestellt, wäre sie wirksam gewesen. Hätte die Regelung zum Sicherheitseinbehalt klarsgestellt, dass der Gewährleistungseinbehalt „für die Dauer der Gewährleistungsfrist“ gilt, wäre das Erfordernis des Zeitraumes für den Einbehalt klargestellt gewesen.