Im Fall einer Kündigung eines Bauvertrags gem. § 650f Abs. 5 BGB reicht grundsätzlich der schlüssige Vortrag des Unternehmers zur Höhe der Vergütung gem. § 650f Abs. 5 Satz 2 BGB aus, um hiernach die Höhe einer geforderten Sicherheit gem. § 650f Abs. 1 BGB zu bemessen.
Ein Abzug bei der Höhe der Sicherheit unter Anwendung von § 287 Abs. 2 ZPO kommt nicht in Betracht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 06.03.2014 – VII ZR 349/12, BGHZ 200, 274).
BGH, Urteil vom 17.08.2023 – VII ZR 228/22
Mit Urteil vom 17.08.2023 – VII ZR 228/22 hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung zur Bemessung der Höhe der Sicherheit nach § 650f BGB bestätigt.
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall wurde die Klägerin als Auftragnehmerin von der Beklagten mit der Errichtung eines Gemeindezentrums beauftragt. Während dem laufenden Bauvorhaben forderte die Auftragnehmerin eine Bürgschaft nach § 650f BGB i.H.v. rund 4,671 Mio. €, erhöhte die Forderung auf einen Betrag von 5,021 Mio. € und klagte nach fruchtlosem Fristablauf auf (Teil-)Sicherheitsleistung in Höhe von 2,0 Mio. €. Darüber hinaus stellte die Auftragnehmerin die Arbeiten ein. Die Auftraggeberin kündigte daraufhin mit der Klageerwiderung den Vertrag aus wichtigem Grund, die Auftragnehmerin kündigte am gleichen Tag nach § 650f Abs. 5 BGB aufgrund der nicht gestellten Sicherheit. Ebenfalls legte die Auftragnehmerin eine Abrechnung des Vergütungsanspruchs unter Berücksichtigung der erklärten Kündigungen vor.
In dem Prozess über die Stellung der Sicherheit streiten die Parteien nunmehr über die konkrete Höhe der Sicherheit sowie einen Abzug aufgrund eines angeblichen Schadensersatzanspruch der Auftraggeberin.
Mit der vorliegenden Entscheidung bestätigte der BGH, dass die Kündigung des Vertrages keine Auswirkung auf den Anspruch auf Stellung einer Sicherheit nach § 650f BGB dem Grunde nach hat. Auch nach Kündigung des Vertrages ist ein Anspruch dem Grund nach gegeben, dieser reduziert sich lediglich der Höhe nach.
Die Höhe der Sicherheit nach § 650f BGB bestimmt sich hierbei aufgrund der Eilbedürftigkeit des Sicherungsinteresses des Auftragnehmers nach dessen schlüssigem Vortrag. Dies gilt auch im Falle der Kündigung. Nach der Rechtsprechung des Senats ist es daher ausreichend, wenn die Auftragnehmerin zur aufgrund der Kündigung angepassten Höhe der Vergütung schlüssig vorträgt. Auch muss sich die Auftragnehmerin keinen Abzug aufgrund streitiger Gegenforderungen gefallen lassen.
Das Urteil der BGH zeigt erneut, welche „scharfes Schwert“ die Handwerkersicherheit nach § 650f BGB ist. Dem Auftragnehmer steht im Falle des fruchtlosen Fristablaufs nicht nur ein Leistungsverweigerungs- und auch ein Kündigungsrecht nach § 650f Abs. 5 BGB zu, vielmehr kann dieser seinen Anspruch auf Stellung einer Sicherheit nach Kündigung des Vertrages weiterverfolgen. Auch in Bezug auf die Bemessung der Höhe der Sicherheit ist allein der schlüssige Vortrag des Auftragnehmers entscheidend, einen Abzug für streitige Gegenforderungen muss dieser sich grundsätzlich nicht gefallen lassen. Auftraggeber sollten entsprechende Sicherungsverlangen daher in jedem Fall ernst nehmen.